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Bereits um die Jahreswende 1253 / 1254, wenige Monate vor dem Ende der
Stauferherrschaft in Deutschland, tritt in Dieburg ein Schöffe
Hartrat als Zeuge auf, als Ulrich von Münzenberg seinem Vogt
Rudolf Beckenhube die Mühle Kistelberg bei Münster verleiht. In
einer denselben Vorgang betreffenden Urkunde vom 25. März 1254
findet sich unter den Zeugen neben dem schon erwähnten Hartrat
noch ein Heinrich Hartradis, der wohl als ein Sohn des Schöffen
Hartrat anzusprechen ist. Vermutlich ein Sohn des Heinrich Hartradis ist der 1293 erstmals
genannte Dieburger Schöffe Friedrich Hartrad (Fridericus
Hartradi). Im Jahr 1295
bezeugt er zusammen mit den übrigen Schöffen der Stadt, dass
der Pfarrer Johannes von Roßdorf seinen Anteil an der Mühle
Kistelberg den Deutschherren in Frankfurt-Sachsenhausen
veräußert habe.
Vorausgegangen waren diesem Rechtsgeschäft langjährige
Auseinandersetzungen zwischen den Dieburger Familien Groschlag und
Aumann einerseits und einer aus vier Stämmen bestehenden
Erbengemeinschaft um Friedrich Ocalp, Heinrich Lule, den
Roßdorfer Priester Johannes und den Deutschordensbruder Eberhard
von Hüttengesäß andererseits, die einander
widerstreitende Ansprüche auf Anteile an dem Mühlenlehen
erhoben. Dem Deutschordenshaus gelang es nach und nach, die verstreuten
Anteile an der Mühle aufzukaufen – unter anderem vom Frankfurter
Bartholomäusstift und den Dieburger Minoriten – und die Groschlag
und Aumann zum Verzicht auf ihre Ansprüche zu bewegen. Mit dem Roßdorfer Anteil war die
Mühle schließlich ganz in der Hand des Deutschen Ordens und
wurde im darauffolgenden Jahr, 1296, dem Friderico dicto Hartdrat et uxori sue Lucen in Erbpacht gegeben. Als
Zins lieferten die Eheleute jährlich 40 Malter Roggen, 20 Malter Weizen, einen halben Malter Mehl, vier
Lämmer und 13 Pfund Heller, zahlbar je zur Hälfte am
Michaels- und am Walpurgistag. Dieser verhältnismäßig
hohe Pachtzins bezog sich allerdings nicht auf die Mühle allein,
sondern auch auf andere Güter der Deutschherren in Dieburg, welche
Friedrich und Lukard Hartrad aus ihrem eigenen Besitz noch weiter
vermehrten: Schon 1296 vermachten sie dem Orden zur Pietanz eine halbe
Hufe Landes, von der die Sachsenhausener Kommende 7½ Morgen beim
Tod des einen, weitere 7½ Morgen beim Tod des anderen Ehegatten
erhalten sollte; 1314 verkauften beide dem Orden eine Erbrente von 6
Pfund Heller jährlich auf ihren Dieburger Liegenschaften; 1316 schließlich
veräußern sie um einen Preis von 35 Pfund Heller ihren
eigenen Hofplatz samt Gebäuden neben der Mühle Kistelberg,
dazu die Besserung der Mühle und ihres Zubehörs, was darauf schließen
lässt, dass Friedrich und Lukard in der Zwischenzeit
wertsteigernde Bau- und Instandsetzungsarbeiten an dem gepachteten
Anwesen hatten durchführen lassen.
In der Urkunde von 1316 finden wir auch einen Sohn Rutzo (Rudolf),
der 1334 als Rulmann Hartrad testierte und in letzterem Jahr ebenfalls
das Schöffenamt in Dieburg bekleidete. 1325 wurde
der Mühle die noch von den Münzenberg an die Vorbesitzer
verliehene Schatzungsfreiheit bestätigt. Nach
Beständnisbriefen aus dem Jahr 1326 sowie dem
Frühjahr 1329 hatte
1326 ein weiterer Sohn des inzwischen verstorbenen Friedrich Hartrad, Heilmann (Heinrich), mit seiner Frau Gerhus auf dem
Steinweg die Mühle Kistelberg für zunächst drei Jahre
und dann ohne Befristung in Erbpacht übernommen, wofür sie
dem Deutschen Orden jährlich 45 Malter Korn, ein Fasnachtshuhn und
fünf Pfund Heller Zins entrichteten. Das Mühlgut umfasste neben Ackerland und
Wiesen auch einen „Hof im Monefeld, genannt der Hubhof mit
mehreren Gärten vor der Stadt, die der Erbpächter
bewohnte“ (Mönfeld war wie Holzhausen/Steinweg und
Altenstadt einer der alten Vororte Dieburgs). 1329 wird der Umfang der
zur Mühle gehörenden landwirtschaftlichen Güter, der
sich ausweislich der fälligen Abgaben offenbar seit 1296 etwas
verringert hatte, mit 71 Morgen Ackerland und 15 Mannsmahd Wiesen
angegeben, mit der schirnen gelegen in der stad. Als
Sicherheit setzte Heilmann 1329 eine ihm schon gehörende, Kymen gud genannte Viertelhube in Dieburg mit 17½
Morgen Äckern und 1½ Mannsmahd Wiesen; darüber hinaus
bürgten für ihn mit eigenen Besitzungen sein Schwager
Heilmann of dem Steynwege (ein Mitschöffe Rulmanns
1334) sowie Culmann (Konrad) Hartrad, wohl ein weiterer Bruder, und
zwar Heilmann mit einer Dreiviertelhube zu 39½ Morgen Feldern
und 5½ Mannsmahd Wiesen, Culmann mit einer Viertelhube zu 13
Morgen Feldern und zwei Mannsmahd Wiesen. Nachdem die Mühle den
Eltern Friedrich und Lukard auf beider Lebenszeit vergeben war, wird
nicht nur Friedrich, sondern auch seine Frau 1326 bereits verstorben
gewesen sein. Dafür spricht außerdem, dass Culmann Hartrad
für 1325, vielleicht als Nachfolger seines Vaters, als Dieburger Schöffe bezeugt ist.
Während wir von Culmann Hartrad in der Folgezeit noch des
öfteren hören (s.u.), brechen die urkundlichen Mitteilungen
über seinen Bruder Heilmann 1329 ab; vielleicht ist er um 1330 in
die fränkische Heimat der Familie zurückgekehrt (vgl. den
ersten Abschnitt der Chronik). Die Mühle Kistelberg ist
schon 1331 nicht mehr im Besitz der Hartrad, sondern an Henrich Drunkel
verpachtet; 1374 besitzt dann
Henne, Gerlach Hofemanns Sohn, die
Mühle samt Zubehör, ausgenommen die Schirn in der
Stadt. 1399 geht das gesamte Mühlgut, das zuvor
Henchin Hoffmann innegehabt hatte, an Henne von Ortenberg. Die
Mühle, die noch
1729 als Münstermühle vorkommt,
später Frühweinsche Mühle und
schließlich Langsmühle heißt, beherbergt heute das
Heimatmuseum von Münster.
Vielleicht
zu den Nachkommen Rulmanns, jedenfalls zu einer in Dieburg verbliebenen
Linie der Hartrad
gehört noch ein jüngerer Culmann Hartrad, der 1380 als Zeuge
des Dieburger Ehepaares Renne in Dreieichenhayn testiert. Ebenfalls zu
diesem Zweig darf man einen Henricus
Harttradi de Dyppurg rechnen, der sich 1389 während des
Rektorats
des Wormser Magisters Heilmann Wunnenberg an der nur drei Jahre zuvor
gegründeten Universität Heidelberg immatrikuliert. Er wird dort sicher seinem Landsmann Berthold Truchsess
(Dapifer) von Dieburg begegnet sein, der – nachdem er in
Prag zum
Baccalaureus und Magister sponsiert worden war –
in Heidelberg zwischen
Juni und Oktober 1390 das Amt des Rektors bekleidete.
Möglicherweise hat
Heinrich Hartrad sein Studium ab 1393 in Wien fortgesetzt, denn in der
dortigen Matrikel ist in diesem Jahr ein Henricus
Hartrodi in der Nacio
Rynensium, der Gruppe der deutschen, aber nicht-österreichischen Studenten eingetragen.
Nicht in Zusammenhang mit den Dieburger Hartrad steht der
kurmainzische Keller Hartrad von Dieburg, dessen
Kellereirechnung für das Jahr 1326/27 fragmentarisch erhalten ist
(Nota computationem Hartrardi cellerarii in Dippurg) und
der 1344 über den Bau eines Turmes an
der erzbischöflichen Burg abrechnet. Wie aus einer Urkunde vom 30.
Dezember 1328 (HStA Darmstadt Bestand B 17 Nr. 3) hervorgeht, handelt
es sich bei ihm um den 1334 als Gerichtsvogt
genannten Hartrad Wyneige.
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Die Linie der Hartrad zum Laderam in Frankfurt
Der ältere Culmann Hartrad von Dieburg erscheint
1331 in Dieburg als Anrainer eines Grundstücks nebn der
Kesesbrucken an der stillen Erden. In den 1330er-
und 1340er-Jahren begegnen wir ihm dann gemeinsam mit seiner Frau Hilde
oder Hille Hartrad (Hille Kolman, Hille
Culmann, Frawe Hille von Dyp[ur]g) wiederholt als
Käufer verschiedener Gülten in der Dieburger Gegend: 1335 gab
Ritter Hermann Aumann dem Culman Hartdrade und Hillen sin elichen frauwen auf acht Jahre 25 Malter Korn-
und zehn Malter Weizengülte zu Reinheim (südlich von Dieburg
an der Bergstraße), die er von Graf Wilhelm von Katzenellenbogen
innehatte; 1340 erhielten die beiden eine
Pfenniggülte von 7 Pfund Heller zu Sickenhofen und eine von 1
Pfund Heller zu Hergershausen (heute zwei Ortsteile von Babenhausen)
von Oswald, Johann und Hermann Groschlag, die Sickenhofen und
Hergershausen als hanauische Lehen besaßen,
schließlich 1345 eine Gülte zu Zeilhard
(heute zu Reinheim) vom Ritter Hartmann von Zwingenberg.
Die Familie scheint in jenen Jahren bereits nähere Beziehungen
nach Frankfurt unterhalten zu haben. Schon 1301 trägt ein
Flurstück bei Bockenheim den Namen Hartradisbuzs. 1317 wird in Frankfurt der
Weinschröter Heilo Hartrad (Heilo Hartradus sartor
vini) erwähnt. Die
Schröter waren für die Verladung der zu Schiff ankommenden
Weinfässer und den Transport in die Keller der Stadthäuser
zuständig; an der Schiffsanlegestelle vor St. Leonhard, wo die
Fracht mit Kränen an Land gesetzt wurde, entstand der Weinmarkt. Da das Haus Zum Weißen oder Zum Stall in der Alten Mainzer Gasse,
in dem sich Heilos Schrotamt befand, bis kurz vor 1317 der Dieburger
Schöffenfamilie Weiß gehörte, liegt es nahe, dass Heilo
an die
Dieburger Hartrad angeschlossen werden kann, wenn auch offenbleibt, wo
genau.
1341 wird ein [N.N.] Hartrad von Dieburg, vielleicht
Culmann, in den Frankfurter
Schöffenprotokollen erwähnt. 1353
amtiert Culmann als Schultheiß Ulrichs III. von Hanau in Hayn
(Dreieichenhain). 1357 ist er wohl verstorben, vielleicht
an der Pest, die 1349 und 1357 die Frankfurter Gegend heimsuchte; denn
am 17. August 1357 erlangte Culmanns Witwe Hille für sich selbst
das Bürgerrecht der Stadt Frankfurt und wurde, nachdem sie
geschworen hatte, als Hylle Hartraden von Dypurg ins
Bürgerbuch eingetragen.
Möglicherweise ist dies ein Hinweis darauf, dass Culmann mit
seiner Familie schon früher einmal in Frankfurt ansässig
gewesen war, bei seinem Tod aber in hanauischen Diensten stand, und
seine Witwe nun nach Frankfurt zurückkehrte. Zumindest lebten alle
ihre vier erwachsenen Kinder 1357 bereits in Frankfurt. Eine Tochter
Culmanns, die Begine Liebel Hartradin von Dypurg, kaufte
im Juni
bzw. November des Jahres 1357 von den Erben Gerlachs zum Hohenhaus
für 2.000 Mark das Haus zum Laderam am Frankfurter Römerberg
und übergab es ihrer Mutter Hille auf Lebenszeit zur Wohnung. Mit
dem Haus Laderam hatte die Familie eine repräsentative
Liegenschaft erworben: direkt an das Haus zum Römer stoßend,
das seit 1405 Rathaus der Stadt und später Beratungsort der
Kurfürsten bei der Königswahl war, diente es wiederholt dem
Kaiser als Wohnung, wurde 1495 Sitz der ‚Adeligen Ganerbschaft
des Hauses Alten-Limpurg‘, nach der es fortan benannt wurde, und
ist seit dem Verkauf an die Stadt 1878 selbst Teil des Frankfurter
Rathauses, des ‚Römers‘. Es gehört heute zu den
wenigen im Kern mittelalterlichen Gebäuden Frankfurts, die nach
den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs rekonstruiert wurden und
eine Ahnung vom historischen Gesicht der Stadt geben.
Von Liebels Geschwistern kennen wir Jutte, Hans und Else. Jutte Hartrad
von Dieburg, nach ihrem Haus meist Jutte zum Laderam genannt, war 1357
mit dem Patrizier Dietwin zum Römer verheiratet, einem Sohn
Hartmuts zum Römer. Der Ehe entsprangen eine mit dem
Alten-Limpurger Patrizier Heinrich Schwarz von Friedberg verheiratete
und 1397 verstorbene Tochter sowie der 1395 verstorbene Sohn Contze zum
Laderam. 1363 war Jutte in zweiter Ehe Frau des Eliseus
Weiß von Limburg (Eliseus zum Laderam), eines Sohnes des
Reichsschultheißen Rulmann Weiß und der Clara Knoblauch;
mit ihm hatte sie eine Tochter Clara, die 1385 mit Henne Frosch
verheiratet war und 1396 kinderlos starb. Aus der Ehe des Hans Hartrad
(Hanczil
Hartrad, Hanczel Culmann) mit Yde ging eine
Tochter Hille Hartrad von Dieburg hervor, die mit Jeckel Knoblauch
(Jakob Knoblauch dem Jungen) verheiratet war, einem Sohn des reichen
Patriziers und Bürgermeisters Jakob Knoblauch und Schwager des
Reichsschultheißen Siegfried zum Paradies. Jeckel war Frankfurter
Schöffe, wurde aber 1396 wegen Anstiftung von Bürgerunruhen
abgesetzt und zeitweilig im Saalhof, dem Sitz der Familie Knoblauch,
unter Hausarrest gehalten. Else Hartrad schließlich war 1357 mit
Heinrich zum Culmann
verheiratet. Das Haus zum Culmann ist das spätere Haus zur
Goldenen Waage am Markt, das 2018 rekonstruiert wurde; es trug seinen
Namen seit Anfang des 14.
Jahrhunderts nach einem Goldschmied Conrad oder Culmann. Heinrich
zum Culmann ist nach Johann Carl von Fichards Geschlechtergeschichte
derselbe,
der als Mann Elses unter dem Namen Heinze zu Waldeck oder zu
Waldecke(n) vorkommt. Das Haus zum Waldeck stand am Krautmarkt, nicht
weit vom Haus
zum Culmann. Heinz war ‚Gadenmann‘, d. h.
Tuchhändler, und versteuerte ein ansehnliches Vermögen von
4.200 Pfund Hellern. Die Gadenleute bildeten damals die Spitze der
Kaufmannschaft; ihre Verkaufsstände befanden sich unweit des
Krautmarktes ‚unter den Tuchgaden‘. Heinzes und Elses Kinder sind Heinze Waldeck von Dieburg d. J., 1386 Bürger, verheiratet mit Gunda, mit den
Kindern Heinz, Else (die vielleicht mit Heinz zum Römer
verheiratet ist), Henne, Adolf und Gunda; Adolf Waldeck, der 1395 verstarb und eine 1413 erwähnte
Tochter Else hinterließ; Liebele, 1398 und 1406 Nonne im
Weißfrauenkloster; und Hille, verheiratet mit Adolf
Knoblauch, Sohn des Gypel Knoblauch zum Bornfleck. Zur Nachkommenschaft Else Hartrads
und Heinze Waldecks gehören vielleicht noch Ludwig Waldeck, der
1470 Frankfurter Ratsschreiber, 1480 Stadtschreiber wird und 1488
stirbt, sowie ein namensgleicher Ludwig Waldeck aus Frankfurt, der 1485
in Erfurt, 1487 in Heidelberg als Student eingeschrieben war. In Erfurt immatrikulieren sich auch 1437 und 1464 zwei
Studenten mit Namen Johannes Waldeck von Dieburg, vielleicht Vater und
Sohn.
Von den weiteren Geschicken der Geschwister Liebel, Jutte, Hans und
Else Hartrad und ihrer Mutter erfahren wir zwischen 1357 und 1387 noch
des öfteren, meist anlässlich der zahlreichen
Besitzveränderungen am Haus Laderam. Vermutlich hatten die Kinder Hilles den Kaufpreis für das Haus gemeinsam aufgebracht. Entsprechend sollte es gemäß der
Vereinbarung zwischen Liebel und ihrer Mutter nach Hilles Tod zu gleichen Teilen an ihre vier Kinder sowie deren
Ehepartner fallen. Wann dies geschah, ist mir nicht bekannt. Jutte kommt bereits 1362 mit dem Beinamen ‚zum
Laderam‘ vor, bewohnte das Haus damals aber vielleicht
zusammen mit ihrer Mutter, die noch 1369 lebt. 1372 kaufte Jutte für ihre Kinder von
Gottfried zum Römer, ihrem Schwager, das Viertel einer Gülte
auf dessen Haus.
Hans, auf den sich wohl der Eintrag eines Johannes Hartradi de
Dyppurg im Nekrolog des Bartholomäusstifts bezieht, scheint 1380 gestorben zu sein, da
am 31. März dieses Jahres seine Tochter Hille und deren Mann
Jeckel Knoblauch ihr ererbtes Viertel am Haus Laderam um 675 kleine
schwere Gulden an Jutte und Liebel gaben, von denen Else und Heinrich
zu Waldecken noch am selben Tag ein Drittel des Viertelanteils für
225 Gulden erwarben, sodass das Haus nun den drei Töchtern
Culmanns zu je einem Drittel gehörte. 1387 veräußerten
Else und Heinrich ihren Anteil für 800 kleine schwere Gulden an
Jutte, die damit Eigentümerin des gesamten Hauses geworden zu sein
scheint. Vielleicht war inzwischen also auch die Schwester Liebel
gestorben, die 1384 noch einige von ihrer Mutter stammende, von dieser
für ein Seelgerät bestimmte Güter als Legate an Jutte,
Else und Heinrich überschrieben hatte.
Else ist später nach Köln gezogen, wo sie 1397 eine Jahrrente
von Henne Knoblauch bezog; im Jahr darauf stritt
sie vor dem Frankfurter Schöffengericht mit Jakob Knoblauch dem
Alten um das Haus zum Waldeck, das sie ihrer Tochter, der
Weißfrauennonne Liebele, auf ihre Lebzeiten vermacht hatte. Jutte
wiederum wird in den Schöffenprotokollen von 1390, 1392,
1393, 1394 und 1395 noch genannt, in einer Urkunde von 1399 aber
als bereits verstorben bezeichnet. Tatsächlich dürfte ihr Tod
noch etwas früher anzusetzen sein, da 1397 Henne Frosch Anteile am
Haus Laderam besaß, die er von seiner 1396 verstorbenen ersten
Frau Clara (einer Tochter Juttes aus zweiter Ehe) geerbt hatte und nun
an seinen Schwager Heinrich Schwarz von Friedberg, den Mann von Claras
Halbschwester, verkaufte.
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Die Linie des Frankfurter Bürgermeisters Erwin Hartrad
Durch ihre
Verwandtschaft und Verschwägerung mit einigen der
wichtigsten Frankfurter Patrizierfamilien des ausgehenden Mittelalters
waren die Hartrad in eine gesellschaftliche Position gelangt, die ein
Zweig der Familie gegen Ende des 14. Jahrhunderts auch politisch
zu nutzen verstand. Besonders die mehrfache Verbindung zu den
Knoblauch, einem der ältesten Frankfurter Geschlechter, wird dabei
nicht von Nachteil gewesen sein: Jakob Knoblauch – der
Schwiegervater von Hans Hartrads Tochter Hille, zudem Onkel von Jutte
Hartrads zweitem Mann Eliseus Weiß – war nicht nur einer
der damals reichsten Bürger der Stadt, sondern verfügte auch
über herausragende politische Kontakte; seit 1333 besaß er
den Saalhof, die alte staufische Frankfurter Königspfalz, und
Kaiser Ludwig der Bayer, der bei seinen Besuchen in Frankfurt des
öfteren bei ihm wohnte, machte ihn 1334 ebenso zu seinem Hofdiener
wie 1349 Kaiser Karl IV. Jakobs Schwiegersohn wiederum, Siegfried von
Marburg zum Paradies – der Schwager der beiden Hilles –,
war eine Generation später die bedeutendste Persönlichkeit
der Reichstadt; 1366 löste er das bis dahin an die Herren von
Hanau verpfändete Frankfurter Reichsschultheißenamt aus,
trat den Besitz 1372 an die Stadt ab und kann somit als Begründer
der bis 1806 währenden Unabhängigkeit Frankfurts gelten.
Erwin Hartrad zum Dorrenbaum und seine Familie
Als ersten
Angehörigen des zweiten Frankfurter Zweiges der Familie
Hartrad finden wir um die Mitte des 14. Jahrhunderts Erwin Hartrad zum
Dorrenbaum. Er
erscheint erstmals im Jahr 1346 als Zeuge einer Urkunde, mit der die
Frankfurter Bürgerin Else
Schwalbecher umfangreiche Güter in Gronau, nördlich
zwischen Frankfurt und Hanau in der Wetterau gelegen, erwirbt. Mit
einem Vermögen von 6.100 Pfund Heller zählte Erwin Hartrad zu
den wohlhabendsten Bürgern der Stadt; im
Bedebuch von 1354 steht er unter den Steuerzahlern an 21.
Stelle. Neben dem Handel scheint er auch Geldgeschäfte
getätigt zu haben, denn 1358 leiht er dem Johann von
Falkenstein-Münzenberg 40 Gulden Frankfurter Währung,
wofür Johann den Anselm von Hoch-Weiselt d. J. und Henne Feizte,
Bürger zu Butzbach, zu Bürgen setzt. Erwins
Haus zum dürren Baum
(das spätere Stammhaus der Patrizierfamilie Monis) stand an der
Einmündung der Falkengasse in den Kornmarkt, die heutige
Buchgasse, unweit St. Leonhard. Der markante Fachwerkbau wurde bei der
Zerstörung der Frankfurter Altstadt 1944 vernichtet und nicht
wieder aufgebaut.
1355 testiert
Erwin zwei Beurkundungen vor Frankfurter Notaren. 1366 übergeben
er und seine Frau Agnes ihr Haus am Kornmarkt an
den Schöffen Henne Drutmann, den Ehemann ihrer Tochter Katherine,
die in diesem Jahr verstorben ist; aus der Ehe Katherines und Henne
Drutmanns ging ein Sohn Henne hervor, der 138(0) mit Rile zum Hohenhaus
verheiratet ist. Eine weitere Tochter Erwins, Hebel (†
nach 1417), war in erster Ehe mit dem Edelknecht Dieter Hune, 1389 mit
Werner Faut von Monsberg verheiratet. Von Erwins Söhnen macht
Erwin d. J. später eine Ratskarriere, die ihn bis ins Amt des
Älteren Bürgermeisters führt; ein
Henne Hartrad, der im Frankfurter Einwohnerverzeichnis von 1387 als
kremer aufgeführt ist, war nach Dietz (S. 182) ebenfalls ein
Sohn Erwins zum Dorrenbaum. Erwin
begegnet
urkundlich noch in den Jahren 1373 und 1375 und dann letztmals im
Einwohnerverzeichnis von 1387. 1393 oder kurz zuvor wird er
verstorben sein, denn in diesem Jahr verkauft sein gleichnamiger Sohn
eine Ewiggülte von
½ Mark, die er von seinem Vater geerbt hatte.
Die
genealogische Einordnung Erwins in
die Dieburger Familie Hartrad wird urkundlich nicht ganz klar.
Vermutlich stammt er aus einer ersten Ehe Culmann Hartrads, denn 1375
klagt er vor dem Stadtgericht Babenhausen auf Herausgabe des
Unterpfandes einer Gülte, bei der es sich um die groschlagischen
Pfenniggülten zu Hergershausen und Sickenhofen handeln
dürfte, die Culmann 1340 erworben hatte. Vielleicht war Culmanns
(zweite) Frau Hille, die nach Culmanns Tod 1357 wohl ein Nutzungsrecht
an der Gülte behalten hatte, 1375 gestorben; ihr Todesjahr
lässt sich jedenfalls aufgrund der Urkundenbelege auf den Zeitraum
zwischen 1369 und 1380 eingrenzen. Dass Erwin zum Dorrenbaum nach
Hilles Tod nicht zu den Erben des Hauses Laderam gehört,
lässt sich leicht dadurch erklären, dass er sich – im
Gegensatz zu seinen Halbgeschwistern – schon an dem Hauskauf
nicht beteiligt hatte und das Anwesen deshalb nur an Hilles leibliche
Kinder, nicht aber an ihren Stiefsohn Erwin fiel. Johann Carl von Fichard hatte in seiner Frankfurter Geschlechtergeschichte noch bezweifelt, dass Erwin
zum Dorrenbaum überhaupt zu den Hartrad von Dieburg gehört,
und hält ihn für den Angehörigen einer zünftigen
Familie, die er mit einem älteren Martin zum Dorrenbaum in
Verbindung bringt. Dies ist schon deshalb falsch, weil Martin zum
Dorrenbaum einer der Mainzer Patrizier war, die 1332 vor den
Bürgerunruhen in ihrer Heimatstadt flohen und vorübergehend
nach Frankfurt ins Exil gingen; seinen Namen führt Martin vom Haus
zum Dorrenbaum in Mainz.
Gegen Fichards
Ansicht sprechen noch eine Reihe weiterer Argumente. Erwins Klage in Babenhausen ist eines davon; ein weiteres referiert Fichard
sogar selbst: er zitiert eine heute verlorene Frankfurter Urkunde des Jahres 1360, in der Henne Drutmann (der
Mann von Erwins d. J. Schwester Katharine Hartrad) als Schwager Ditwins
zum Römer (des Mannes der Jutte Hartrad zum Laderam) bezeichnet
ist. Fichard stellt dazu fest, dass als Schwager jeder Verwandte von
Seiten der Ehefrau gelten konnte, und schließt daraus
zunächst auch auf eine Zugehörigkeit Katharines bzw. Erwins zu den
Dieburger Hartrad; später relativiert er diese Aussage mit der
Bemerkung, die Schwägerschaft könnte auch auf anderem Wege
zustandegekommen sein, ohne freilich eine überzeugende Alternative vorzulegen. Ein
weiterer Hinweis ist dem Frankfurter Einwohnerverzeichnis von 1387 zu
entnehmen. Da die Bürger oft in zusammengehörenden Gruppen
den Bürgereid schworen, lässt sich anhand der Liste eine
zumindest ungefähre Vorstellung von
Nachbarschaftsverhältnissen in
der Stadt gewinnen. Insofern ist es bemerkenswert, direkt unter dem
Eintrag des jüngeren Erwin Hartrad, des Sohnes Erwins zum
Dorrenbaum, die Namen Conrad Kyme, Henne Sickenhofen und Richard
budeler von Dippurg zu lesen. Bei allen
dreien gibt es einen Bezug zur Dieburger Gegend: bei Richard
Budeler ist er ganz offensichtlich; vielleicht besteht eine
Verwandtschaft zu dem um 1380 in Dieburg geborenen Theologen Johannes
Lagenator von Frankfurt, der 1406, 1416 und 1428/29 Rektor der
Universität Heidelberg war; denn ‚lagenator‘ ist lateinisch für den ‚budeler‘, also den
Flaschenmacher. Henne Sickenhofen wiederum führt seinen Zunamen
nach einer Ortschaft nahe Dieburg, in dem Culmann Hartrad Besitzungen
hatte; und den Namen ‚Kyme‘ kennen wir bereits vom
Dieburger Kymen-Gut, das Culmanns Bruder Heilmann gehörte.
Vielleicht haben wir es bei den drei Personen mit Angehörigen von
Erwin Hartrads Handelskontor zu tun. Das Bild
vervollständigt sich durch einen Währschaftsbrief aus dem
Jahr 1419: Henne Hartrad, der Vormund
von Erwins d. J. Tochter Adelheid, verpachtet aus deren Besitz ein
Backhaus in der
Frankfurter Fahrgasse für einen Erbzins von jährlich 2 Gulden
und 4 Schillingen an Bechtold Steindecker aus Münster; gemeint ist
Münster bei Dieburg, wo Friedrich Hartrad seit 1296 die
Mühle Kistelberg (Münstermühle) besaß.
Der Frankfurter Schöffe Erwin Hartrad d. J.
Erwin Hartrads zum Dorrenbaum bereits genannter Sohn, der als Erwin Hartrad ‚der Junge‘
siegelt, erscheint zum ersten Mal sicher 1387 im Frankfurter Einwohnerverzeichnis. 1391 und 1392
findet sich außerdem ein Erwin Hartrad als Schaffner zu
St. Kathrinen; er ist entweder mit Erwin d. J. personengleich oder
ein älterer Bruder. Zu dieser Zeit begann die politische Karriere Erwin Hartrads d. J., der
seit 1392 als Frankfurter Ratsherr erwähnt wird. Der Rat der Stadt
war damals in drei Bänke geteilt: die erste, vornehmste Bank der
Schöffen, denen auch die Gerichtspflege oblag, die zweite Bank der
patrizischen Ratsherren und die dritte Bank der Zünfte. Zutritt
zur ersten und zweiten Bank, deren Sitze nicht durch Wahl, sondern
durch Selbstergänzung vergeben wurden, hatten nur die Mitglieder
der ‚Gemeinde‘: die nicht zunftmäßig
organisierten Bürger (zu denen auch Erwin Hartrad zum Dorrenbaum
und sein Sohn gehörten), in der Hauptsache also die
vermögenden Grundbesitzer und Handelsleute. Aus den Reihen der
zweiten Bank wurden im Regelfall die Mitglieder des
Schöffenkollegiums genommen, das nur einer kleinen Anzahl auf
sozialen Abschluss bedachter patrizischer Geschlechter offenstand,
sodass die dritte Bank der Handwerker kaum politisches Gewicht
entwickeln konnte. Der Druck der wirtschaftlich erstarkenden
Zünfte führte seit 1355 zu vorübergehenden Reformen,
1364/65 sogar zu einem Handwerkeraufstand, maßgeblich
befördert durch den Reichsschultheißen Heinze im Saale und
den Wollweber Andreas Heilegeist, der es bis zum Bürgermeister
gebracht hatte. Auf der patrizischen Gegenseite stand in diesen Jahren
insbesondere Siegfried zum Paradies, der vom Kaiser schon 1366 eine
Unterdrückung aller demokratischen Bestrebungen und die
vollständige Wiederherstellung der alten Verhältnisse
erreichte. Trotz gewisser Zugeständnisse des Patriziats an die
Handwerker, vor allem nach der Niederlage Frankfurts im
Süddeutschen Städtekrieg 1389, blieben alte Missstände
bestehen. So weigerten sich die patrizischen Geschlechter nach wie vor,
erledigte Schöffenstellen, die sie als Familienpfründe
ansahen, neu zu besetzen, solange kein Nachfolger aus der eigenen
Familie zur Verfügung stand. Stattdessen ließ man den
Schöffenstuhl vakant, bis ein geeigneter Kandidat volljährig
geworden war. Die Nachwahlen wurden freilich auch durch Zwistigkeiten
innerhalb des Patriziats selbst verzögert. Ende des 14.
Jahrhunderts war es namentlich Jakob (Jeckel) Knoblauch der Junge, der
Schwiegersohn Hans Hartrads aus der Culmannschen Linie, dessen
Privathändel mit verschiedenen Ratsfamilien erheblichen Streit ins
Schöffenkollegium brachten. Jeckel Knoblauch war es auch, der sich
im Jahr 1395, als von 14 Schöffenstellen nur neun vergeben waren,
klagend an König Wenzel wandte, der daraufhin die sofortige
Besetzung der fünf freien Plätze auf der Schöffenbank
anordnete. Zu den fünf auf königlichen Befehl ins
Schöffenamt gewählten Ratsherren gehörte Erwin Hartrad, der auch seit März 1395 als
Frankfurter Schöffe urkundete. Er scheint allerdings ebensowenig
zur Partei Jeckel Knoblauchs gehört zu haben wie die übrigen
vier neuen Schöffen, da Jeckel, angeblich unzufrieden mit der
Wahl, noch im selben Jahr erneut den Kaiser anrief und die Ernennung
einer kaiserlichen Gesandtschaft erreichte, die die Zustände im
Frankfurter Rat untersuchen sollte (vgl. zu Erwins Tätigkeit als
Schöffe die zahlreichen von ihm testierten Urkunden im Frankfurter
Institut für Stadtgeschichte, außerdem die Nachweise bei Janssen,
Rödel und Thomas/Euler).
1398 wird Erwin Hartrad bei Verhandlungen Frankfurts mit den
Städten Friedberg und Gelnhausen als Mitglied des Frankfurter
Landgerichts genannt (Erwin Hartdrat, unser myddescheffin und
ratgeselle, der in lantgerichte phliget zu siczen); im selben
Jahr war er stellvertretender Bürgermeister für Gerbrecht
von Glauburg oder Konrad Weiß, in der Amtsperiode 1400/1401 dann
Vertreter des Heinrich Weiß zum Weißen als Zweiter
(Jüngerer) Bürgermeister. Als der Rat der Stadt im Jahr 1401
den Beschluss fasste, das baufällig gewordene alte Rathaus am Dom
durch einen Neubau am Römerberg zu ersetzen, berief er Erwin
Hartrad d. J. zum Bumeister (Baumeister), der als Beauftragter des Rates die Planungen
vorantreiben sollte. Tatsächlich wurde noch im selben Jahr ein
Modell gefertigt und eine Schiffsladung Steinquader aus Miltenberg
beschafft. Schon wenig später scheint man das Vorhaben allerdings
fallengelassen zu haben; im Stadtrechenbuch sind seit 1402 nur mehr
kleinere Ausgaben für das Projekt verzeichnet, und 1405 hatte man mit dem Ankauf des Hauses zum Römer und
seinem Umbau zum Sitzungslokal eine kostengünstige Alternative
gefunden. 1404 ist Erwin, zusammen mit dem Ratsherrn Clas Landskron,
der erste namentlich bekannte Pfleger der Nikolai-Kirche am
Römerberg. 1408 wird er gleich
nebenan die erste Stadtratssitzung im neubezogenen Rathaus miterlebt
haben.
Erwin Hartrad d. J. und der Frankfurter ‚Wessil‘
1402 wurde Erwin Hartrad zum Ersten (Älteren) Bürgermeister
und somit zum faktischen Stadtoberhaupt der Reichsstadt Frankfurt
gewählt; formelles Oberhaupt waren der Kaiser und sein
Stellvertreter, der Reichsschultheiß. In Erwins einjährige
Amtszeit fällt die Gründung des Wessils,
also des institutionalisierten Stadtwechsels, durch den Rat; in der
Literatur wird diese Einrichtung, mit einiger Übertreibung,
mitunter als das erste Frankfurter
Bankhaus apostrophiert. Kaiser Karl IV. hatte der Stadt bereits 1358
zusammen mit der Aufsicht über die Goldmünze auch das Recht
auf den Geldwechsel übertragen, nicht aber das
ausschließliche Privileg dazu. Abgesehen davon, dass mit dem
Wechselgeschäft guter Gewinn zu machen war, den die Stadt nicht
mit privaten Wechslern teilen wollte, sah sie auch die
Funktionsfähigkeit der kommunalen Münzstätte in Gefahr:
bot der Wechsel doch die einzige Möglichkeit, sich mit dem
für die Münzprägung nötigen Edelmetall in
ausreichender Menge zu versorgen. Im August 1402 schrieb der
Frankfurter Rat deshalb dem König, er möge niemandem als der
Stadt den Wechsel gestatten. Noch bevor der König dieser Bitte
Anfang September nachkam, hatte der Rat freilich zur Selbsthilfe
gegriffen und am 29. August beschlossen, daz ein iglicher, er
sii monczmeister, goltsmydt, (kremer) oder wesseler, (burger oder gast)
zu Franckenfurd, gold und silber, (perlin, aczstein, pagement,
garnalien oder dergleichen) keuffen oder virkeuffen mögen,
dies auf der städtischen Gold- und Silberwaage zu tun hätte.
Freier Wechsel war fortan nicht mehr gestattet und wurde unter Strafe
gestellt: Wer auch gulden oder silbern moncze keuffte oder
virkeuffte oder wessil besesse und geverlichen driebe uszwendig der
stede wessil, den wil der rat an libe und gude also strafen, daz sich
ein ander daran stosse. Die Stadt
schoss ein Kapital von 900 Gulden in das Unternehmen, das durch private
Einlagen vermehrt wurde, und sorgte für die Ausstattung der Bank,
die nach heutigen Maßstäben bescheiden anmutet: als
Wechselstube fungierte eine Bretterbude an der Nikolaikirche, für
die die Stadt „eine Goldwaage, mehrere Waagen für
gemünztes und ungemünztes Silber, zwei große Tische aus
Nußbaum, zwei Laden zur Aufbewahrung des Geldes, eine Kiste zum
Kassieren des Wiegegeldes, einen ‚Kebig‘ und vier
Schirme“ erwarb. Außerhalb der
Messezeiten, zu denen 14 Personen in der Bank tätig waren,
genügte ein einziger Verantwortlicher für die
Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs. Dieser bestand neben dem
Wechsel auch aus Depositen-, vielleicht auch schon aus
Darlehensgeschäften. Eine erste Bilanz ist aus dem November 1402
erhalten: auf die städtische Einlage von 900 fl. war während
der Herbstmesse ein Gewinn von 90 fl. erwirtschaftet worden. Trotz der
guten Rendite wurde der städtische Wessil aber schon im
darauffolgenden Jahr aufgelöst und in vier Einzelgesellschaften
überführt: eine Bank unter städtischer Verwaltung, zwei
Privatbanken und eine Kommanditgesellschaft, an deren Gewinnen die
Stadt beteiligt war.
Erwin Hartrad d. J. als Frankfurter Gesandter
Seit 1398 vertrat Erwin die Stadt Frankfurt des öfteren als
Gesandter auf Reichsversammlungen und zu anderen Anlässen (vgl.
dazu die zahlreichen Nachweise in den von Julius Weizsäcker
bearbeiteten Deutschen Reichstagsakten, aus denen ich im folgenden
zitiere; die Nummern beziehen sich auf die einzelnen Bände). Über die Anlässe der
Reisen und ihre Kosten sind wir aus den Frankfurter Stadtrechnungen gut
informiert. So ist Erwin 1398 mehrmals in Mainz, um über den
Reichslandfrieden zu verhandeln, den König Wenzel auf dem Hoftag
zu Frankfurt im Dezember 1397 und Januar 1398 erneuert hatte. Für
den 30. März 1398 heißt es: 23 lb. [Pfund] virzertin
her Sibold Lewin Jacob Weibe Erwin Hartrad und ein schriber und vier
zolner als von des lantfriden wegin vier tage zu Mentze (3, S.
72); am 6. April desselben Jahres: 4 ½ lb. virzerte Erwin
Hartrad mit eim schriber und mit eim knechte dri tage gein Mentze, als
die sieben [Kurfürsten] uber den lantfriden swuren (3, S.
72); und am 14. Dezember: 16 lb. virzerten Jacob Weibe Erwin
Hartrad und Johan Erwin selbachte vier tage zu unserm herren von Mentze
als von des von Falkenstein und der zolle wegen und auch zu gespreche
von lantfrids wegen (3, S. 73). Im April 1399 ist Erwin mit
einer Frankfurter Abordnung auf dem Kurfürstentag zu Boppard, als die fürsten ein gespreche da hatten, zu dem der
Landfriedenshauptmann grave Philips [von Nassau] der
lantvoigt sie dar virbodet hatte (3, S. 88); im
Juni reist er selbseßte … von einer heimlichen
sache wegen nach Mainz (3, S. 97); im September besucht er den
Fürstentag in Mainz, von wo aus seine Delegation den Frankfurter
Rat schriftlich darum bittet, ihr für die Rückreise auf dem
Main Schutztruppen entgegenzuschicken (3, S. 118); im November ist er
erneut wegen des Landfriedens in Mainz (3, S. 139). Im Februar 1400
führt Erwin zusammen mit anderen Frankfurter Stadträten
Unterhandlungen mit den Kurfürsten von Mainz, Trier und Köln,
dem Pfalzgrafen Ruprecht, dem bayerischen Herzog Stephan, dem
Markgrafen Wilhelm von Meißen und dem Burggrafen Friedrich von
Nürnberg über das Geleit zum Frankfurter Fürsten- und
Städtetag vom Mai 1400 (3, S. 159f.); im Juli geht es wieder
für einige Tage nach Mainz von heimlichs gesprechs wegin
der stede (3, S. 214), und im August für gut zwei Wochen gein Lanstein zu unsern herren den kurfursten (3, S.
291).
Was hier in den Rechnungsbüchern so knapp und spröde
aufgelistet und gewissenhaft verbucht wird, erzählt
tatsächlich ein Kapitel deutscher Geschichte. Denn schon beim
Kurfürstentag in Boppard 1399 hatten Beratungen darüber
stattgefunden, wie gegen die zunehmend als unerträglich empfundene
Regentschaft König Wenzels Abhilfe zu schaffen sei. Auf dem
Frankfurter Fürstentag im Mai 1400 hatte der Mainzer Erzbischof
dann versucht, die Absetzung König Wenzels und die Wahl des
Wittelsbacher Pfalzgrafen Ruprecht zum neuen König durchzusetzen,
war aber auf Widerstände gestoßen. Auch die traditionelle
Wahlstadt Frankfurt hatte Ruprechts Kandidatur abgelehnt. Die vier
rheinischen Kurfürsten waren deshalb nach Lahnstein ausgewichen,
wo sie König Wenzel für abgesetzt erklärten und Ruprecht
an seiner Stelle zum König erhoben. Um diesen Plan unter anderem
wird es bei den heimlichen sachen und gesprechen gegangen sein, die Fürsten und
Städte zuvor in dichter Folge miteinander gehabt hatten.
Sofort nach dem Sturz Wenzels begann der frischgekürte König
Ruprecht, mit den Städten über seine Anerkennung zu
verhandeln; insbesondere war ihm daran gelegen, in Aachen oder
Frankfurt zur Krönung einziehen zu können. Die Städte
ihrerseits beratschlagten unter sich, wie sie mit dem Thronwechsel
umgehen sollten. Frankfurt, das an König Wenzel festhielt und
Ruprecht nicht huldigen wollte, unterhielt deshalb eine
Pendeldiplomatie, indem man gegenüber Ruprecht hinhaltend auftrat
und zugleich bei den Ratsfreunden der anderen Städte mögliche
Verbündete sondierte. Schon Ende August 1400 begab sich Erwin
zusammen mit Konrad Weiß und sieben andern nach Alzey zu
herzog Ruprecht von beiern, als er sich des richs underzoch und nach
des rads frunden gesant hatte (4, S. 129); nachdem er in
Frankfurt von den Ergebnissen der Unterhandlungen in Lahnstein und
Alzey Bericht erstattet hatte, reiste Erwin weiter nach Mainz, wohl um
für die Einberufung eines Städtetages dorthin zu werben (4,
S. 129). Im September war Erwin zusammen mit Konrad Weiß dann
auch tatsächlich zu dem gespreche mit den steden
wieder in Mainz (4, S. 134), nochmals im Oktober mit Konrad Weiß
und Jakob Weibe, als sie bi der stede frunden zu einer
ratslagunge waren, als der konig vor der stat lag (4, S. 142),
und Anfang November mit Jakob Weibe erneut gein Mencze zu unserm
herren dem kunige (4, S. 201). Ruprecht hatte nämlich
inzwischen sein Lager vor Frankfurt aufgeschlagen, um die Huldigung der
Stadt zu erzwingen. Der Rat indes blieb vorerst bei der Partei Wenzels
und schrieb nach Prag um Unterstützung. Erst als davon auch nach
mehr als sechs Wochen nichts zu bemerken war, sah Frankfurt sich an den
Eid auf König Wenzel nicht mehr gebunden und öffnete Ruprecht
die Tore. Während Frankfurt nun auf die Seite Ruprechts übergegangen
war, verweigerte sich die Krönungsstadt Aachen nach wie vor dem
Einzug des neuen Königs. Wieder entfaltete Frankfurt eine
diplomatische Tätigkeit nach zwei Seiten hin, diesmal, um zwischen
dem König und Aachen zu vermitteln: Im Dezember reiste Erwin mit
einigen andern nach Mainz zu unserm herren dem konige
(…), als er und der fursten ein deil da bi ein waren (4,
S. 232); und im Januar 1401 mietete man für sechs Pfund ein Pferd, daz Erwin Hartrat gein Colne reit und gein Aiche [Aachen]
geridden solde sin von unsers herren konig Ruprechts wegen in
inzulassen (4, S. 233). Was Aachen betraf, blieben die
Bemühunge allerdings vergeblich, sodass Rupprecht im Januar 1401
in Köln gekrönt werden musste.
Kaum war das geschehen, traf Ruprecht im Sommer 1401 Vorbereitungen
für einen Romzug, der seine Ansprüche auf die italienischen
Reichsteile bekräftigen und die Königsgewalt dort
wiederherstellen sollte. Auch die Städte wurden um Hilfeleistungen
zu diesem Unternehmen angegangen; Erwin ist deshalb im Juni 1401 mit
einer Frankfurter Delegation in Mainz, als unser herre der konig
der stede frunden dar bescheiden hatte und sine rede dar geschicht
hatte, die da wurben umb hulfe und dinste unserm herren dem konige gein
Lamperten [Lombardei] zu tun (4, S. 481), nochmals im Juli, um unserm herren dem kunige zu antworten von des zoges wegin uber
berg (ibid.), und im August in Heidelberg wegen derselben
Angelegenheit (ibid.). Als Ruprecht im folgenden Jahr mehr oder minder
unverrichteter Dinge aus Italien zurückkehrte – nach Rom war
er überhaupt nicht gekommen –, gehörte Erwin zu der
Frankfurter Gesandtschaft, die den König in Heidelberg willkommen
hieß; die Stadtrechnungen verzeichnen Ausgaben für eine
siebenköpfige Abordnung mit sieben pherden (…), als
sie unsern herren den konig von des rads und stede wegen, als er von
Welschen landen wider herußkommen waz, emphingen (5, S.
343).
Auch in den folgenden Jahren ist Erwin wieder regelmäßig
Gast auf Städte- und Fürstentagen. Im Juli 1401 reist seine
Delegation zu König Ruprecht nach Mainz, im der stede
notdorft von des bischofes und der paffin wegen zu sagen (5, S.
343); Frankfurt nämlich lag mit dem Mainzer Erzstift wiederholt in
Streit über die rechtliche Stellung der Geistlichkeit innerhalb
der Stadt. Im Mai 1403 reist man mit 27 pherden gein Winheim uf
einen dag, als unser herre der konig und der bischof von Mentze mit ein
leisten (5, S. 511), im Juni mit 30 pherden 14 tage gein
Winheim und Heidelberg, als man den dag zu Hemspach leiste und man mit
dem bischof von Mencze und der paffheit zu Franckenfurt gerichtit
wart (5, S. 512), im März 1404 zum Kurfürstentag nach
Boppard (5, S. 573), im Dezember 1404 und Oktober 1405 zu Reichstagen
nach Mainz (5, S. 655 und 767), im April 1406 zu einer Versammlung der
wetterauischen Herren und Städte nach Oppenheim, um von des
lantfrids wegen und auch von andrer sache wegen mit unserm herren dem
konige zu tedingen (5, S. 648). Als im März 1406 ein Krieg
zwischen Kurmainz und König Ruprecht zu befürchten ist,
reisen Erwin, Heinrich Weiß und ein Schreiber nach Mainz, um mit
dem mainzischen Hofmeister Johann Brymßer und dem Protonotar
Johann Bensheim in heimlichkeit die Haltung Frankfurts zu
besprechen (6, S. 61); in derselben Sache ist Erwin mit Frankfurter
Unterhändlern auch noch zweimal im April und einmal im September
in Mainz (6, S. 64 und 99). Aus dem Sommer 1406 existiert eine
Korrespondenz zwischen Erwin und dem Wetterauer Landvogt Eberhard von
Hirschhorn, welcher im September am Landfriedenstag zu Frankfurt
hätte teilnehmen sollen, sich aber wegen Krankheit entschuldigt
(5, S. 644). Im Oktober 1408 besucht man Mainz, um von der monze
wegin in heimlichkeit zu redin und zu erfaren (6, S. 801), und
im März 1409, um an dem rade zu erfarn was ire meinunge
were unserm herren dem konige von der bebste und auch der monze wegen
zu antwurten, als er darumb den steden schreib (6, S. 371); die
Einführung einer reichseinheitlichen Goldmünze und die
Überwindung des Kirchenschismas waren zwei zentrale politische
Projekte König Ruprechts, gegenüber denen die Städte
eine gemeinsame Haltung suchten.
Das Erbe Erwin Hartrads d. J.
Im Dezember 1408 sowie von Januar bis März 1409 fungierte Erwin d.
J. als stellvertretender Reichsschultheiß für Rudolf von
Sachsenhausen und urkundet noch bis November 1409 als Schöffe. Da
im Januar 1411 das Haus des verstorbenen Erwin Hartrad am Viehmarkt
(heute die Zeil) in der Frankfurter Neustadt erwähnt wird,
fällt Erwins Tod wohl ins Jahr 1410. Johann Carl von Fichard, der
Chronist des Frankfurter Patriziats im 19. Jahrhundert, erwähnt in
seinem Frankfurtischen Archiv das Fragment eines Berichts des
Frankfurter Stadtrates an Kaiser Karl IV. über die
Schöffenwahl des Jahres 1355, das auf seiner Rückseite von
neuerer Hand die Aufschrift trägt: Diese Schrift hat man
hinder Erwin Hartrad funden; der Bericht stamme demnach,
fährt Fichard fort, „aus dem Nachlaß dieses Mannes,
eines hiesigen Schöffen, aus altem burgensischen Geschlecht, der
nach gleichzeitigen Nachrichten im Jahre 1410 starb“.
Mit Meckel Faut von Monsberg (erwähnt 1387, 1398 †),
einer Schwester seines Schwagers Werner Faut von Monsberg,
hatte Erwin d. J. eine mit dem Schöffen Henne Frosch verheiratete
Tochter Adelheid (Elchin, † nach 1410, vor 1424). Nach dem Tod
ihres Mannes im
Jahr 1438 vererbt sich ihr Nachlass, für den Henne Frosch das
Nutznießungsrecht besessen hatte, an Adelheids Angehörige.
Die Erbfolge war in einem Ehevertrag zwischen Adelheid und Henne Frosch
geregelt, dessen Inhalt durch eine von Adelheids Verwandten
Hermann Appenheimer angestrengte Klage und das daraufhin ergangene
Urteil des Frankfurter Schöffengerichts überliefert ist (Thomas Nr. 68). Die Schöffen verfügen, daz man soliche gude dan billiche in gemeynschaft under die nesten erben Elchins vorgenant von vader und muder teile.
Diese Bestimmung wurde offenbar so ausgelegt, dass alle 1438 noch
lebenden, mit Adelheid im selben Grad nächstverwandten
Familienmitglieder
sich das Erbe teilen sollten; da keine Geschwister vorhanden waren und
aus der Generation der Onkel und Tanten niemand mehr lebte, erbten
Adelheids Vettern und Cousinen. Von der Mutterseite
waren dies Henne
Brun gen. Faut (von Monsberg) und seine Schwestern Elschin, Meckel, verheiratet mit Eberhard
von Praunheim aus altem Ritter- und
Reichsschultheißengeschlecht, sowie Grede mit ihrem Mann, dem
schon genannten Patrizier
Herman Appenheimer, aus einer der reichsten Familien Frankfurts, die
das Casino der Stadt im Haus zum Heißenstein betrieb. Vermutlich
aus der väterlichen Verwandtschaft stammen dagegen die Erben Heinrich
und Grede Eber von Miltenberg, Heinrich und Anne Ziegeler von
Miltenberg, Kathrine, Witwe des Michel von Windsbach,
sowie Tiel und Meckel Ruting von Kaldebach. Die Eber sind Patrizier in
Wertheim und Miltenberg (Enno Bünz: Stift Haug in Würzburg,
S. 770ff.), Tiel (Diele) Ruting ist bis 1439 Lehensmann der Herren von
Fleckenstein im elsässischen Sulz und seit 1427 als Vogt zu
Rödern belegt (Peter Müller: Die Herren von Fleckenstein im
späten Mittelalter, S. 348f.). Dem sozialen Umfeld und der
geographischen Herkunft nach zu
schließen, könnte es sich bei Grede Eber, Anne Ziegler,
Kathrine von Windsbach und Meckel Ruting um Töchter von Adelheids
Tante Hebel Hartrad aus ihrer Ehe mit dem Edelknecht Dieter Hune
handeln. Auch sie wären damit Cousinen Adelheids. Nicht unter den
Erben findet man dagegen die Kinder von Adelheids Vettern Hert Faut von
Monsberg (mütterlicherseits) und Henne Drutmann
(väterlicherseits), da diese beiden noch vor dem Erbfall 1438
verstorben waren und sich die Anwartschaft nach der Auslegung des
Ehevertrages anscheinend nicht auf die nachfolgende Generation
übertrug.
Schon im Mai
1438 hatten die Erben Adelheids aus den ihnen zugefallenen Gütern
Verkäufe getätigt, sodass sich der Besitz der Verstorbenen
wenigstens in Teilen rekonstruieren lässt. Demnach hatten die
Eheleute Ruting, Eber und Ziegeler sowie Kathrine von Windsbach
erhalten: ½ Morgen Gartenland und 2½ Morgen Wiesen in der
Lindau, 3 Morgen weniger 1 Viertel Wiesen zu Ginnheim, genannt die
gemeine Wiese, sowie 1½ Morgen und 12 Ruten Wiesen zu Ginnheim
jenseits des Bachs; Käufer war für 148 Gulden Henne Brun gen.
Faut. Eberhard von Praunheim und seine Frau verkaufen einen Monat
später, vielleicht also auch aus dem Nachlass Elses, noch 20
Gulden Gülte auf dem Vayts hof (Faut-Hof) am Rossmarkt zu einem
Preis von 400 Gulden an Gerbracht von Glauburg, dazu gut 2½
Morgen zwischen dem Riederbruch und dem Main, gut 1½ Morgen am
Gutleutkreuz, 2 Morgen hinter dem Affenstein an der Landwehr und
weitere Liegenschaften. Zum Erbe gehörte ferner das Haus
Altenburg, gegenüber der Kirche St. Leonhard an der Stadtmauer,
das im Jahr 1398 Adelheids Vater, Erwin d. J., für 80 Pfund und
vier Schilling Heller von den Brüdern Adolf und Junge Weiß
gekauft hatte. Auch dieses Haus ist 1944 untergegangen.
Aus einer zweiten Ehe Erwins d. J. stammte der Sohn
Henne Hartrad, der
seit 1412 genannt ist, aber 1438 bereits verstorben sein muss, da er
nach dem Tod seines Schwagers Henne Frosch nicht zu den Nacherben
Adelheids gehört. Zum Vormund Adelheids war 1410, nach dem Tod
Erwins d. J., ein anderer Henne Hartrad, gen. Crone bestellt worden
– wohl ein Neffe Erwins, vielleicht ein Sohn des 1387 genannten
Krämers Henne Hartrad, der dann ein Bruder Erwins d. J. und
Sohn Erwins zum Dorrenbaum gewesen wäre (s.o.). Er übt die
Pflegschaft zusammen mit Idel
Drutmann sowie Else und Herte Brun, gen. Faut von Monsberg
aus. Henne Hartrad, der letzte nachweisbare Angehörige der
Dieburger Familie in Frankfurt, ist Wollwebermeister – vielleicht
derselbe, der schon im
Einwohnerverzeichnis von 1387 als Weber erscheint. 1430 kauft er mit
vielen andern mehrere
Gaden im alten Weberkaufhaus. Der
Beiname Hennes – Krone – kann sich auf das Haus
zur Krone am Kornmarkt
ebenso beziehen wie auf eines der Häuser zum Kranich (kron, krone)
am Römerberg bzw. am Rossmarkt. Mit einer letzten Erwähnung
1432 verschwindet er aus den Frankfurter Urkunden. Am Nacherbe seines
Mündels Adelheid ist er nicht beteiligt, da er (sofern er
1438 nicht ohnehin schon verstorben war) als Sohn eines Vetters nach
dem Wortlaut des Ehevertrages nicht mehr zur erbberechtigten
Verwandtschaft gehörte.
/
Genealogische Fragen
Das
verwandtschaftliche
Umfeld Erwins zum Dorrenbaum und seines Sohnes kann anhand einiger
Indizien weiter aufgehellt werden. Ein wichtiger
Hinweis liegt in dem
Zeugendienst, den der ältere Erwin 1346, wohl noch als junger
Mann, in Gronau für
Else Schwalbecher, geb. Schurge leistet. Schon dies mag auf eine
Schwägerschaft zur Ausstellerin der Urkunde hindeuten, zumal von den übrigen Zeugen mindestens drei – nämlich Reinhard, Wigand und Klaus Schurge – sicher zu Elses Familie gehören.
Überdies waren die Schurge gleich zweifach mit Henne Drutmann, dem
Schwiegersohn Erwins d. Ä., verschwägert, da Rule Drutmann,
Wigand Schurge und Hanneman Schurge drei Schwestern aus der Familie
Gertener geheiratet hatten (StA Frankfurt Hausurkunden 16). Klarer
werden die Verhältnisse, wenn man berücksichtigt, dass Else
Schwalbecher nach dem Tod ihres ersten Mannes, Hennes (von) Schwalbach,
in zweiter
Ehe Gerlach (d. Ä.) zum
Hohenhaus heiratet, den Besitzer des Hauses Laderam; sie lebt noch, als
ihre
Stiefkinder Johann, Hertwin (Hertwig), Gerlach d. J. und Rile zum
Hohenhaus den Laderam 1357 an die Kinder Culmann Hartrads verkaufen. Es
ist gut denkbar, dass das Immobiliengeschäft auf Vermittlung
Erwins zustandekam (auch dies übrigens noch ein Argument für
die Abstammung Erwins von Culmann). Die Verbindungen zu den Hohenhaus reichen aber noch weiter: Hertwig zum Hohenhaus ist in Obereschbach Besitzer
eines Flurstücks namens Hartradisgrube, das schon 1318 urkundlich
belegt ist (Wilhelm Jost: Der Deutsche Orden im Rhein-Main-Gau,
Gießen 1941, S. 267 sowie Datenbank der hessischen Flurnamen,
Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen); seine Nichte Rile,
Tochter des Johann zum Hohenhaus, ist in erster Ehe mit Erwin Hartrads
Enkel Henne Drutmann d. J., in zweiter Ehe mit dem Dieburger Vogt
Heinrich vom Rhein verheiratet. Else Schwalbecher war eine Schwester der beiden
reichen Frankfurter Weinhändler Arnold (I.) zum Lichtenstein und
Wigand zum
Schwanau. Mit Arnolds gleichnamigem Enkel, Arnold (III.) Schurge zum Lichtenstein (einem
Großneffen Elses),
steht noch Erwin Hartrads Sohn Erwin d. J. in enger Beziehung:
beide
sitzen um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert auf der Frankfurter
Schöffenbank und urkunden häufig zusammen; oft werden sie
gemeinsam zu
diplomatischen Diensten verwendet; und als Arnolds gleichnamiger Sohn
Arnold IV. 1405 heiratet, ist Erwin d. J. einer der Trauzeugen auf
Seiten des
Bräutigams. Ein letztes Mal scheinen Verbindungen zwischen den
Familien Hartrad und Schurge auf, als Epchin von Praunheim und seine
Frau Meckel, Nacherben von Erwins d. J. Tochter Adelheid, im Jahr 1438
die ihnen offenbar aus dem Hartradschen Erbe zugefallenen Güter
veräußern: in drei Fällen grenzen diese an den Besitz
Arnolds (IV.) zum Lichtenstein, mit dem sie, wie man aus der Urkunde
erfährt, einst eine Einheit gebildet hatten. Sie waren also zu
einem unbekannten Zeitpunkt, vermutlich aus Anlass eines Erbfalls,
aufgeteilt worden und dann zur einen Hälfte an die Hartrad, zur
anderen an die Schurge zum Lichtenstein gekommen. Bei aller gebotenen
Vorsicht lassen sich die genannten Beziehungen am plausibelsten damit
erklären, dass Erwin zum Dorrenbaum mit einer Tochter Else
Schurges und Johann Schwalbachs verheiratet war. Erwin wäre damit nicht nur
Halbbruder von Hans, Liebel, Else und Jutte Hartrad, den Käufern
des Hauses Laderam, gewesen, sondern auch (Stief-)Schwager der
Hohenhaus-Geschwister, den Verkäufern des Hauses. Erwins Sohn
Erwin d. J. wäre wiederum ein Vetter zweiten Grades seines
Mitschöffen Arnold III. zum Lichtenstein.
Auf einen weiteren Zusammenhang zwischen den Familien Hartrad
und Schwalbach trifft man an ganz unerwarteter Stelle. Im Jahr 1384 urkunden die Wetzlarer Bürger Johan vorwilen Arnoldes sun von Swalbach unde Gele syne eliche husfrawe,
dass sie den Deutschen Herren zu Wetzlar am Altar der dortigen
Deutschordenskapelle eine Kerzenstiftung errichten, allerdings nicht
für sich, sondern umbe eyne summen geldes, die uns von wilen ee Heinczen Hartrades wegen, eyns burgers zu Marpurg [...] bezalet ist. (Wyss Bd. 3 Nr. 1200). Der inzwischen verstorbene Heinz Hartrad aus Marburg hatte also das Kapital vor sin unde siner alden sele treuhänderisch an Johann und Gele von Schwalbach gegeben, die davon nun in seinem Sinne ein Seelgerät stiften.
Arnold von Schwalbach, der 1384 bereits nicht mehr lebte, findet
man zuvor noch einmal 1355 als Besitzer eines Ackers am Kalsmunt, dem
Wetzlarer Burgberg. Die Spur Heinz Hartrads lässt sich in Marburg
weiterverfolgen. Hier erscheint er erstmals 1357 als Urkundenzeuge, als
der Marburger Bürger Heinrich Zöllner an zwei adlige Nonnen
des Klosters Hachborn, Metze von Buchen und Ottilie Rau von Holzhausen,
Land zu Leidenhofen verkauft (HStA Marburg Urk. 25 Nr. 69, gedruckt bei
Schunder Nr. 869). In der Zeugenliste steht Heinz zwischen Gerlach d.
J. von der Nuhne und Mengoz Fygelin von Leidenhofen, von denen der
erste sicher, der zweite vermutlich einer Niederadelsfamilie
angehört; die Zöllner sind Marburger Patriziergeschlecht.
1364 bezeugt Heinz erneut einen Landverkauf, als Hartmann Rode
gemeinsam mit mehreren Verwandten auf Besitz und Rechte in Rodenhausen
und Kernbach verzichtet (HStA Marburg Urk. 17 Nr, 139, Regest bei
Schunder Nr. 150). Zweiter Zeuge des Rechtsgeschäfts ist der
Marburger Bürger Johann von Biedenkopf. Die
Rode
waren ein Zweig der bedeutenden Marburger Patrizierfamilie Imhof, aus
der die Mutter des Frankfurter Stadtschultheißen Siegfried zum
Paradies
stammte; dessen Vater, Siegfried von Biedenkapp der Reiche, hatte die
Tochter des
Dietrich Imhof geheiratet und von seinem Schwiegervater auch das Wappen
übernommen. Eine zweite Verbindung zwischen den Rode / Imhof und
einer Familie von Biedenkopf ist für Kunne, die Tochter des Rukel
Imhof, gen. Rode belegt, die mit Wipracht von Biedenkopf d. J. (1339,
1359) verheiratet war (Albrecht Eckhardt: Besitz und Einkünfte der
Kugelherren in Marburg, Hess. Jb für Landesgeschichte 17, 1967, S.
112-137). Letztmals tritt Heinz Hartrad im Jahr 1375 in Erscheinung: Zu
einem Seelgerät schenkt er seinen Acker in Hachborn, den er,
bereits als Witwer, von seinem Bruder, dem Deutschherren Gottfried,
gekauft hat, an das Hachborner Kloster; aus den Erträgen soll
jährlich an Gründonnerstag den Nonnen und allen, die zur
Kommunion gehen, ein Viertel Wein gereicht werden. Es zeugen der Ritter
Rudolf Scheuernschloss, der Pfarrer zu Winderode und drei Marburger
Schöffen (Schunder Nr. 892).
Aus dem sozialen Umfeld Heinz Hartrads in Marburg, das sich wie bei den
Frankfurter und Rothenburger Hartrad zwischen städtischem
Patriziat und Niederadel bewegt, lassen sich Schlüsse auf die
Familienzugehörigkeit Arnolds und Johanns von Schwalbach in
Wetzlar ziehen. Als Vertrauter Heinz Hartrads gehört Johann sicher nicht zu einer Wetzlarer
Handwerkerfamilie (vgl. Johann von Schwalbach, Schneider in Wetzlar,
1389 †, Felschow
S. 344), sondern zu einem standesgleichen, also ebenfalls patrizischen
oder ritterbürtigen Geschlecht. Dafür kommt in Wetzlar zu
dieser Zeit aber nur die Adelsfamilie von
Schwalbach in Frage, die aus Schwalbach im Quembacher Gericht,
südlich von Wetzlar stammte (heute ein Ortsteil von
Schöffengrund). In Wetzlar besaß sie schon früh das
Bürgerrecht; als Bürger genannt werden Wigand von Schwalbach,
der 1272 auf Lebenszeit Güter
in Langgöns vom Wetzlarer Kapitel erhält (HHStA Wiesbaden 90
Nr.
U 269); Mengoz von Schwalbach, der 1297 ein Haus neben dem Wetzlarer
Minoritenkloster pachtet (HHStA Wiesbaden 90 Nr. U 304); und Ludwig von
Schwalbach, der 1305 Einkünfte in Laufdorf bei Schwalbach kauft
(HHStA Wiesbaden 6 Nr. U 24). Die Namen Wigand, Mengoz und Ludwig
begegnen auch in der adligen Familie.
Einen weiteren Hinweis auf die
genealogischen Verflechtungen der Schwalbach und der Hartrad gibt
schließlich die nachweisliche Verwandtschaft der Schwalbacher Ritteradligen mit der Marburger
Familie Rode, für deren Mitglied Hartmann Rode Heinz Hartrad
1364 testiert: 1446 verzichtet
Reinhard von Schwalbach, Sohn des verstorbenen Volpracht, gegen
Zahlung einer Rente, die jährlich auf Martini in sein Haus zu
Wetzlar zu liefern ist, zugunsten seines Bruders Johann auf sein
Erbteil; die Urkunde ist besiegelt von Reinhards Vetter Gernand d. A.
von Schwalbach und seinem Mag Dietrich Rode (UnivA Marburg Urk 91 Nr. 138). Dietrich Rode war Rat des
hessischen Landgrafen und Burgmann zu Marburg; er und Reinhard von
Schwalbach kommen öfter gemeinsam urkundlich vor, so 1412 als Bürgen
des Landgrafen Hermann (Landgrafen-Regesten online Nr. 11356) oder 1414
als des Landgrafen Ludwig lieben heimlichen amptlute und getruwen (Landgrafen-Regesten
online Nr. 8732). Als ‚Mag‘
konnte jeder Verwandte außerhalb des allerengsten Familienkreises
bezeichnet werden. Da Gernand von Schwalbach ausdrücklich ‚Vetter‘ genannt wird, ist unter dem unbestimmteren ‚Mag‘ hier offensichtlich ein entfernterer Verwandtschaftsgrad zu verstehen. Reinhards
und Dietrichs Väter, Volprecht von Schwalbach und Dietrich Rode d.
Ä., könnten Vettern gewesen sein, etwa durch ein gemeinsames
Großelternteil aus der Familie Schwalbach; die Bezeichnung ‚Mag‘
für das Verwandtschaftsverhältnis ihrer Söhne fände
so eine überzeugende Begründung. Leider
tritt Hartmann Rode urkundlich sonst nicht in Erscheinung; seine
verwandtschaftliche Stellung zu Dietrich Rode ist daher unklar.
Zeitlich käme er als Onkel Dietrichs in Betracht, und sofern er
mit seinem Neffen Dietrich die Verwandtschaft zu den Schwalbach teilte,
müsste man eine geborene Schwalbach als seine Mutter annehmen.
Eine mütterliche Abstammung von den Schwalbach würde dann
auch Heinz Hartrad in diesen Familienkreis einbeziehen, etwa als Vetter
Hartmann Rodes, was seinen Zeugendienst für Hartmann
schlüssig erklären würde.
Es bleibt noch die wichtige Frage, wie die in Wetzlar und Frankfurt
unabhängig voneinander feststellbaren Beziehungen zwischen den
Familien Hartrad und Schwalbach bzw. Hartrad, Schurge und Schwalbecher
miteinander in Verbindung zu bringen sind. Man kann provisorisch
annehmen, dass Heinz Hartrad, der für sich und seine Eltern eine
Seelstiftung zu Wetzlar macht, zu den Frankfurter Hartrad gehört –
unter der Voraussetzung, dass nicht nur Johann von
Schwalbach in Wetzlar, sondern auch die Frankfurter Schwalbecher aus
der
Niederadelsfamilie von Schwalbach stammen und sich über diese
Verwandtschaft die Wahl des Wetzlarer Treuhänders erklärt. Nach der vom
Frankfurter Patrizier Johann Maximilian von Humbracht herausgegebenen
Stammtafelsammlung (Die höchste Zierde Teutschlands und
Vortrefflichkeit des Adels, Frankfurt 1707, auf Grundlage der
genealogischen Forschungen des Mainzer Domvikars Georg Helwich) ist genau dies der Fall: denn als Ehefrau des Johann von Schwalbach, des Sohnes des Ritters Mengot von Schwalbach, nennt Humbracht Elsa Schurge von Bergen zu Liechtstein / Heilmanns T[ochter,] so hernach Gerlach von Hohenhus gehabt, also die Frau des Frankfurter Bürgers Henne Schwalbecher. Von
den Kindern des Paares hätten zwei das Geschlecht fortgesetzt:
Henne, genannt 1362, und Wigand, der 1394 mit Katharina, der Witwe des
Winter von Rödelheim verheiratet gewesen sei. Von den
Töchtern hätten sich Luckard mit Henne von Hattstein, Maria
oder Guta mit Friedrich von Reiffenberg und Elsa mit Hertwein
Weiß von Limburg verheiratet (Humbracht,
Taf. 269: von Schwalbach). Fichard bemerkt dagegen in seiner
Frankfurter Geschlechtergeschichte mit Hinblick auf Humbracht,
„die hiesigen Schwalbecher haben gewiß gar keine
Verwandtschaft mit jenen v. Schwalbach“
(fasz. 301: Schwalbecher). In der Tat ist Humbrachts Stammtafel sehr
lückenhaft und enthält zahlreiche Fehler; so ist schon der
Name der mit Hertwin Weiß verheirateten Tochter falsch
wiedergegeben (er müsste Katharina lauten). Aus den wenigen
urkundlichen Nachrichten, die zu Henne Schwalbecher vorliegen, ergeben
sich nur vage Bezüge zu den adligen Schwalbach: 1336 ist Johannes
gen. Swalbecher zusammen mit Johannes gen. Reyge Frankfurter
Bürger und Schöffe des Landgerichts der Grafschaft Bornheimer Berg bei Frankfurt, 1338 ist er Bornheimer
Schöffe zusammen mit Henkino gen. Reye, Gerlach von Hohenhaus und
den Brüdern Drutmann und Heinz gen. Drutmann (UB Frankfurt 2 Nr.
555 und 650). 1338 kaufen Johann Swalbach und seine Frau Else (Schurge)
eine Korngülte in Massenheim (UB Frankfurt 2 Nr. 652); mit
demselben Dorf hat Erwin von Schwalbach 1402 eine Fehde (StA Frankfurt
Reichssachen I 695). Auch im heute abgegangenen Ort Breitenloch
(zwischen Sossenheim und Rödelheim) sowie in Gronau haben die
Eheleute Schwalbecher 1342 Besitz (StA Frankfurt Heiliggeistspital 224
und Bartholomäusstift: Urkunden und Akten 348), vielleicht aus
Elses Erbe, da die Schurge aus Gronau und dem benachbarten Rendel
stammen. Bezeichnenderweise stößt man auch in Rendel
später wieder auf den Ritter Erwin von Schwalbach, dessen
ehemalige Güter dort 1402 genannt werden (HStA Darmstadt B 19 Nr.
85).
Für Humbrachts Zuordnung des Henne Schwalbecher zur adligen
Familie von Schwalbach gibt es aber darüber hinaus einen guten
Beleg: 1394 klagt Werner Weiß vor dem Frankfurter
Schöffengericht gegen Katharina, die Witwe des Winther von
Rödelheim, auf Herausgabe eines Hauses an der Rödelheimer
Pforte, das sie und ihr verstorbener Mann ihm versetzt hatten.
Weiß hatte das Haus unterdessen an den Edelknecht Wigand von
Schwalbach, den zweiten Mann Katharinas, verkauft (StA Frankfurt,
Alten-Limpurg 169). Die Urkunde, die über diesen Vorgang
ausgefertigt wurde, ist wohl auch die Quelle für Humbrachts obige
Angaben gewesen. Sie zeigt aber vor allem einen engen Zusammenhang
zwischen den Frankfurter Schwalbecher und den Ritteradligen von
Schwalbach: denn während der Edelknecht Wigand zweifellos den
adligen Schwalbach angehört, ist Werner Weiß ein Sohn des
Hertwin Weiß von Limburg und der Katharina Schwalbach, einer
Tochter von Henne und Else Schwalbecher.
Dieses Zusammentreffen erklärt sich sinnvoll nur durch Humbrachts
Mitteilung, auch Wigand von Schwalbach sei ein Kind des Ehepaares
Schwalbecher, also ein Bruder Katharinas (und somit ein Onkel des
Werner Weiß) gewesen. Der Adelige Johann von Schwalbach (der
Vater Wigands) und der Frankfurter Bürger Henne Schwalbecher (der
Vater Katharinas und Großvater des Werner Weiß) sind also dieselbe Person.
Wenn sich nun sowohl der Frankfurter Henne Schwalbecher, für
dessen Witwe Erwin Hartrad zum Dorrenbaum 1346 testiert, als auch
der jüngere Johann von Schwalbach, der 1384 in Wetzlar Treuhänder des
verstorbenen Heinz Hartrad ist, der adligen Familie von Schwalbach
zuweisen lassen, ist auch ein familiärer Zusammenhang zwischen Erwin
und Heinz naheliegend. Es bleibt dann noch zu klären, in welchem
Verwandtschaftverhältnis Henne und Johann Schwalbach einerseits,
Erwin und Heinz Hartrad andererseits stehen. Direkte Nachweise dazu
fehlen. Zeitlich wäre Johanns Vater Arnold von Schwalbach gut als
Sohn an Henne und Else Schwalbecher anzuschließen. Sein Name
würde sich, ebenso wie der seines Bruders Wigand, aus
mütterlichem Erbe erklären – Else
Schurges Brüder Arnold zum Lichtenstein und Wigand zum
Schwanau haben wir oben schon kennengelernt. Heinz Hartrad gehört
nach seinem Todesjahr vor 1384 eher zur Generation Erwins zum
Dorrenbaum, könnte also dessen Bruder gewesen sein. Wenn man
allerdings annimmt, die Beziehung zwischen den Hartrad und den
Schwalbach sei
durch eine Ehe Erwins mit einer Tochter Hennes und Elses vermittelt
worden, wäre Heinz mit seinem Treuhänder Johann von
Schwalbach gar nicht direkt verwandt gewesen. Er hätte auch
überhaupt keine Wetzlarer Vorfahren gehabt, die man aber doch
unterstellen darf, wenn er gerade dort für sich und seine Eltern
ein Seelgedächtnis stiftet. Eine Blutsverwandtschaft
ergäbe sich dagegen für den Fall, dass Heinz ein Sohn Erwins
zum Dorrenbaum
war. Heinzes erstes Urkundentestat 1357 lässt auf eine Geburt kaum
nach 1340 schließen, was mit den errechenbaren Lebensdaten
Erwins – ca. 1320 bis mindestens 1387, 1393 † – noch einigermaßen in Einklang zu bringen ist. Als
Sohn Erwins hätte Heinz bei den unterstellten genealogischen
Zusammenhängen eine Mutter aus der Familie Schwalbach gehabt, und
Johann von Schwalbach in Wetzlar wäre sein Vetter gewesen; sowohl
die Stiftung als auch die
Treuhandschaft würde das hinreichend erklären. Heinz
wäre dann schon in jungen Jahren nach Marburg gegangen und auch
recht jung, zumindest vor dem Vater, gestorben. Andere
Konstellationen sind denkbar: etwa eine Ehe zwischen Heinze selbst und
einer Frau aus der Familie Schwalbecher; oder eine noch weiter
zurückliegende Verbindung zwischen den beiden Familien, zum
Beispiel über die (angenommene) erste Ehefrau Culman Hartrads. Die
Verwandtschaftsgrade, die 1) Erwin zum Dorrenbaum mit Else
Schwalbecher, geb. Schurge in Gronau 1346, 2) Erwin Hartrad d. J. mit
Arnold (Schurge) zum Lichtenstein d. J., 3) Heinz Hartrad mit Johann
von Schwalbach in Wetzlar 1384 und 4) die Kinder Hille Hartrads mit
Else Schwalbechers Stiefkindern zum Hohenhaus beim Kauf des Hauses
Laderam 1357 in Beziehung setzen, werden dabei allerdings zu
weitläufig, um ausreichend Erklärungskraft zu besitzen.
- (Besitz und Ämter der Schwalbach im Hüttenberg: zur dortigen Herkunftsdiskussion)
/
Wappen
Als Wappen führen die Frankfurter Hartrad einen Schild mit drei
Rosen (2:1), dazwischen ein aufrechter Pfeil. Das Wappen erscheint auf
Siegeln des Ratsherren und Schöffen Erwin Hartrad seit 1392 sowie
auf einem Siegel des Henne Hartrad gen. Crone von 1432. Spätere
Autoren geben es mehr oder weniger falsch wieder: Philipp Ludwig Anthäus bringt in seinem Buch der Frankfurter Epitaphien (ca.
1675, fol. 74) eine Zeichnung von Erwins vermutlichem Grabstein zu St.
Kathrinen, der rechts das Wappen der Faut von Monsberg, links das der
Hartrad trägt, interpretiert den Pfeil aber als Schildteilung.
Johann Karl von Fichard
wiederum, der nach eigener Auskunft den Grabstein im 19. Jahrhundert
noch selbst gesehen hat, gibt seinen Mitteilungen zur Familie Hartrad
in der Frankfurter Geschlechtergeschichte eine kleine Wappenzeichnung
bei, die –
so wenig sie ansonsten erkennen lässt – doch wenigstens ganz
eindeutig keine Schildteilung, sondern eine zwischen den drei Rosen
befindliche Figur zeigt. Das Bürgermeisterverzeichnis von ...
überliefert sogar zwei unterschiedliche Wappen Erwins,
nämlich zum Jahr 1398 drei Rosen mit im Dreipass überkreuzten
Stengeln, zum Jahr 1402 dasselbe Wappenbild in gespaltenem Schild. Die
Unsicherheit in der Interpretation des Schildinhalts scheint seine
Ursache in der geringen Zahl erhaltener Siegelabdrücke zu haben,
die noch dazu einen recht kleinen Durchmesser aufweisen und zum
großen Teil schlecht erhalten sind. Trotz Erwins umfangreicher
Beurkundungstätigkeit zwischen 1392 und 1410 liegen heute nur mehr
xx Siegelexemplare vor – beglaubigt wurden Ratsurkunden ja meist mit dem Stadtsiegel, nicht mit den persönlichen Siegeln der Schöffen –, die
meisten davon stark beschädigt. Auch bei zwei recht gut
erhaltenen Siegeln Erwins von 1392 und 1405 ist die Schildfigur nur
schwer zu erkennen, und der Grabstein Erwins war wohl schon zu
Anthäusʼ Zeiten stark abgetreten. Das Siegel Henne Hartrads von
1432 lässt aber keinen Zweifel über den Inhalt. Die
Tingierung ist dagegen unbekannt.
Von dem der Rothenburger Hartrad ist
das Frankfurter Wappen ganz verschieden. Dass nicht nur Erwin,
sondern auch sein vermutlicher Neffe Henne sich desselben Wappens
bedienen, mag anzeigen, dass es schon beider gemeinsamer Vorfahr Erwin
zum Dorrenbaum geführt hat. Von ihm hat sich aber weder ein Siegel
noch eine Urkunde mit Siegelankündigung erhalten. Vielleicht hat
also doch erst der jüngere Erwin beim Eintritt in den Rat (1392)
sich ein Wappen zugelegt und ein Siegel schneiden lassen.
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Verstreute Namensträger
1334 erscheint unser Name in der Reichsstadt Frieberg mit Peter Hartrad, der dort ein Haus an
der Burg besitzt („Petir Hartradis huse vor der Burg“). Angehörige anderer Familienzweige
ziehen früh von verschiedenen wetterauischen Städten nach
Süden, in die reiche Messe- und Handelsmetropole Frankfurt:
hierher gehören Contze (Konrad) Hartrad aus Grünberg, der
1361 und 1369 in Frankfurt genannt wird, und Peter Hartrad aus
Heddernheim (?), dem wir 1367, 1373 und – sofern es sich um
dieselbe Person handelt – 1416 begegnen, vielleicht auch
„Tyle Hardrats son von Frydeberg“, der 1395, nachdem er
eine Frankfurter Bürgertochter geheiratet hat, das dortige
Bürgerrecht erwirbt.
Aus Büdesheim, mittig zwischen Friedberg, Frankfurt und Hanau
gelegen, kommt ein Johann (Henne) Hartrad, der 1399 und 1400
Hausgenosse des dortigen Bruderhofes ist, eines Besitzes des Klosters
Michelsberg zu Bamberg. 1413 erscheint er in einer
Frankfurter Urkunde, und vielleicht ist er mit einem 1370 in
Frankfurt erwähnten [N.N.] Hartrad aus Büdesheim identisch.
Ein Fritz Hartrad (Hartrud) wird 1468 als wohl schon weit über
60jähriger mit seiner Frau Grete und deren Geschwistern Bechte
Becker, Andreas, Wigel und Else in Büdesheim genannt. Eine weitere
Linie stammt aus Altenstadt,
nicht weit von Büdesheim; ein Clas (Nikolaus) Hartrad, Sohn des
Konrad
Hartrad aus Altenstadt, schwört 1414 den Frankfurter
Bürgereid.
In Hochstadt am Main, zwischen Frankfurt und Hanau gelegen, ist Diel Hartrad 1404 Heimbürge
(Bürgermeister). Herte Hartrad, der
1432 ebendort genannt wird, und Clas
Hartrad, der 1427 und 1432 in Hochstadt bzw. dem Nachbarort Groschlag
erscheint, sind zeitlich als Diels Söhne anzusprechen. Heinz
Hartrad wiederum scheint des letzteren Sohn gewesen zu sein, da er
Clas’ Güter in Hochstadt
erbt. Man wird ihn mit jenem Heinrich Hartrad identifizieren
können, der 1447 und 1452 als hanauischer Schultheiß zu
Groschlag urkundet.
Etwas weiter mainaufwärts, in Hörnstein, am Rande des
Spessart bei Seligenstadt gelegen, erscheint 1447 urkundlich Konrad
Hartdrat. Aufgrund der geographischen Lage
Hörnsteins, das weder von Hanau noch von Dieburg weit entfernt
ist, könnte dieser Konrad zu der Linie in Hochstadt/Groschlag
ebenso gehören wie zu den Hartrad von Dieburg. Etwa eine bis zwei
Generationen später kommen in Hörnstein Familien namens
Hardruck und Hartrich vor, die sehr wahrscheinlich zusammengehören
und möglicherweise von Konrad Hartdrat abstammen. Man findet (vgl.
Schöffler): Peter Hardruck (1497), vielleicht identisch mit dem
Centgrafen Peter Hartrich (1498, 1501), Paul Hardruck (1497), Konrad
Hardruck (1497, 1519, 1521, 1524, 1531), vielleicht identisch mit dem
Schöffen Konrad Hartrich (1498, 1501), Henne Hardruck (1497, 1512,
1519, 1521, 1524, 1531), dessen erste Frau Katharina (1497, 1512),
dessen zweite Frau Margarete, geb. Eyles (1519, 1521), Heinrich
Hardruck (1512). Die Urkunden zeigen die Familie in enger Beziehung zum
Kloster Seligenstadt. Die Stadt Seligenstadt gehörte seit 1346 wie
Dieburg zum Bund der neun Amtsstädte im Mainzer Oberstift.
noch einzuarbeiten:
Johann Hartrut, „pastor in gunczenheym“
Hartrad in Bierstadt
Heinz und Mathilde Hartrad in Rodheim
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Blick auf den ,Römer‘,
das Frankfurter Rathaus, noch ohne historisierende Zutaten. Das linke
der drei Treppengiebelhäuser ist das Hartradsche Haus Laderam. |
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MATERIALIEN (werden demnächst bereitgestellt)
→ Christian Hartard: Die Hartrad von Dieburg (PDF)
→ Johann Carl von Fichard, Frankfurter Geschlechtergeschichte, fasz. 124: Hartrad (PDF) |